„Familie am Limit?“

Deniss Hanovs · 

„Auswirkungen von Kriegen und Konflikten in den Herkunftsländern auf das Familienleben von Migrant*innen in Deutschland und Strategien für mehr gegenseitiges Verständnis“ - Projektkoordinatoren von ImPlural, Denis Hanov und Yuriy Krotov, nahmen aktiv an der bbt-Konferenz teil und präsentierten das Projekt ImPlural einem breiten Spektrum von diasporalen Migrantenorganisationen.

Der Titel der Veranstaltung scheint den Kern der Probleme in der deutschen Migrationsgesellschaft und die wichtigsten Bestrebungen von Pädagog*innen aus Migrantenorganisationen auf den Punkt zu bringen. Dennoch lohnt es sich, die Tagung näher zu beleuchten, denn es wurden viele Ideen und Formate für die Arbeit in Krisenzeiten vorgestellt. Deutlich wurde vor allem, dass wir alle lernen müssen, die Sorgen und Ängste der anderen zu hören - der anderen Communitys und Organisationen. Wir müssen lernen, mit anderen über unsere Ängste zu sprechen, uns zu solidarisieren, um gemeinsam Probleme der Zivilgesellschaft in Deutschland zu lösen.

In den vergangenen Jahrhunderten wurde die Welt von Diktaturen, Kriegen und interkulturellen und interreligiösen Konflikten erschüttert. Nach dem Ausbruch des russischen Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 und nach dem Ausbruch des Konflikts im Nahen Osten und dem Angriff auf Israel am 7. Oktober scheinen die apokalyptischen Darstellungen in unserer Zeit Realität zu werden. Angst und Hass prägen nun die ganze Welt. Auch in der deutschen Gesellschaft ist eine Zunahme der Gewalt zu beobachten. Sie macht die Demokratie von Tag zu Tag brüchiger.

Diese Gedanken quälen migrantische Familien und machen es schwierig, sie in die deutsche Demokratie einzubeziehen. Finanzielle und politische Unsicherheiten machen Migrantenorganisationen zu Akteuren der Demokratie unter den Bedingungen einer fragilen politischen Kultur.

Die Konferenz brachte im offenen und kritischen Dialog neue Erkenntnisse, dass Migrantenorganisationen, Stiftungen und Initiativen noch zu wenig über die Bedürfnisse der jeweils anderen wissen.

Ihre eigenen Ängste sind den Organisationen und Gemeinschaften meist bekannt, aber die Solidarität mit den Traumata und Ängsten anderer Menschen und Randgruppen fehlt oft.

Die inhaltlich und organisatorisch durch bbt vorbereitete Konferenz, die am 12. Dezember stattfand, begann mit Kurzvorträgen von migrantischen Verbänden und Organisationen über die Situation in den Familien während Konflikten und Kriegen in den Herkunftsländern. Konflikte schaffen Risse und Gräben, tiefe Streitigkeiten in Migrantenfamilien und führen zu Cancelling und Boykott. Der BVRE legte einen kurzen Bericht über Schwierigkeiten in russischsprachigen Familien und Organisationen nach dem Ausbruch des Krieges Russlands gegen die Ukraine vor.

Nach einer Pause hörten die Teilnehmenden einen Vortrag über die Polarisierung der deutschen Gesellschaft (Dr. Philip Fox) und diskutierten über den Zusammenhang zwischen Kriegsrhetorik und Kolonialismus in russischsprachigen Medien und Propaganda sowie über Beispiele für deren Überwindung im BVRE-Projekt "Im Plural" (Denis Hanov).

Der dritte Teil der Konferenz bestand aus zwei Sitzungen zur Suche nach Konfliktlösungen:

VETZAVTA-Format als nachhaltige Praxis der demokratischen Konfliktlösung (Juliette Brungs) und die STREITKULTUR-Sitzung unter der Leitung von Philip Fox.

Am Ende der Konferenz wurden beide Sitzungen resümiert, aber das wichtigste Ergebnis des Treffens war ein offenes Gespräch über die Überwindung der Hindernisse, denen sich Migrantenorganisationen auf dem Weg zu ziviler Solidarität in Kriegszeiten gegenübersehen. Dieses Thema muss fortgesetzt werden, vielleicht in Form einer Gesprächsreihe, so das Fazit von bbt-Geschäftsführerin Anja Treichel.